Jahresrückblick: Südeuropa ist wichtiger als Karstadt

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Nicolas Berggruen
Designierter Europaretter: Nicolas Berggruen

Bei seinem zurzeit bekanntesten Investment, dem maroden Warenhauskonzern Karstadt, glänzte Nicolas Berggruen bislang nur mit Taten- und Einfallslosigkeit. Doch wenn es um die Rettung der Krisenländer in Südeuropa geht, sprudelt der Kunstsammler geradezu vor Ideen, zusammengefasst in dem Buch „Klug regieren“, das der Investor im Juni zum allgemeinen Erstaunen veröffentlichte. Die Botschafter war klar: Wer Südeuropa und somit die gesamte EU rettet, hat nun wirklich keine Zeit für das überholte Warenhauskonzept und Rentnerparadies Karstadt. Fürwahr: Sollte es dem Deutsch-Amerikaner wirklich gelingen, die Pleite-Griechen, Spanier und Italiener wieder kreditwürdig zu machen, dann werden ihm Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter die aller Voraussicht nach gescheiterte Karstadt-Rettung sicherlich großzügig verzeihen.

Viel wahrscheinlicher ist aber leider, dass Berggruen sein Karstadt-Konzept als Blaupause für Südeuropa nutzt. Das heißt: Er kauft die bankrotten Staaten für je einen Euro auf, lässt sich monatelang als Retter feiern, um dann völlig überraschend überall Flagship-Stores von britischen Modemarken zu eröffnen, die im Süden des Kontinents kein Mensch kennt. Woran die Flagschiffhäuser wenig ändern, da sie weder angekündigt noch beworben werden.

Dann passiert zwei Jahre lang gar nichts. Bis auf das immer wieder, fast gebetsmühlenhaft vorgebrachte Versprechen, irgendwann mal hohe Milliardenbeträge in die am Boden liegende Wirtschaft der Krisenländer zu investieren. Dann verkauft er die Kronjuwelen, unter anderem die wenigen profitablen Sportvereine und die Weltstädte Paris, Madrid, Rom und Athen sowie Norditalien, das nach seinem neuen Eigner benannt wird: Berlusconien. Ein kleiner Teil des Verkaufserlöses fließt u.a. in die Sanierung der griechischen Innenstädte. Der Großteil des Geldes kommt aber über Umwege den verkauften Sportvereine zugute, an denen Berggruen weiterhin beteiligt bleibt. Gute Fußballspieler von Weltformat sind halt teuer.

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