Sandra Widmaier leitet schon seit sieben Jahren das Personalwesen der Otto Group. Doch so viel Aufmerksamkeit wie in der vergangenen Woche hat sie sicherlich noch nie erregt. Tagelang wurde sie in zahlreichen Zeitungen zitiert. Sie gehört zu den wenigen Personalern, die es auf die Titelseite der Bild-Zeitung geschafft haben.
Ihre Idee ist ebenso simpel wie genial: Die Verwaltungswissenschaftlerin holt bei personellen Engpässen pensionierte Versandhandelsmanager aus dem Ruhestand zurück und beschäftigt sie in der Neugründung Otto Group Senior Expert Consultancy. Die Heimkehrer sollen hauptsächlich als Berater eingesetzt werden, insbesondere in der IT.
Die Space Cowboys lassen grüßen
Widmaier ist damit ein PR-Coup erster Güte gelungen. Es ist also ihr Verdienst, dass die Otto Group in den kommenden Wochen und Monaten voraussichtlich weniger mit imageschädigenden Begriffen wie „Stellenabbau“ und „Universalversand in der Krise“ in Verbindung gebracht wird. Sondern vielmehr mit Kino- und TV-Klassikern wie „Space Cowboys“ und „Der große Bellheim“. In den Streifen werden Rentner reaktiviert, um in Zeiten der Not Heldenhaftes zu vollbringen. Die einen müssen die Erde vor einem abstürzenden Satellit, die anderen einen Warenhauskonzern vor dem Ruin retten.
Dass es Widmaiers alten Distanzhandels-Haudegen gelingt, den kriselnden Handelskonzern endgültig in das von Twentysomething-Managern geprägte E-Commerce-Zeitalter zu führen, ist zwar relativ unwahrscheinlich. Doch das macht auch nichts. Dafür ist die Story einfach zu gut. So gut, dass es nur wenigen Lesern noch gelingen dürfte, das Bild von den opferbereiten Otto-Oldies wieder aus dem Kopf zu bekommen. Auch dann, wenn die Otto Group im Herbst ihr Sanierungskonzept vorstellt, das aller Voraussicht nach Stellenkürzungen vorsieht.